Mentale Gesundheit ist heutzutage ein großes Stichwort. Psychische Erkrankungen rangieren weit oben auf der Liste der Gründe für eine Krankschreibung - an zweiter Stelle, gleich hinter Erkrankungen des Bewegungsapparates. Auch Frühberentungen gehen vor allem auf das Konto von psychischen Erkrankungen.
Dennoch sind psychische Erkrankungen in der Gesellschaft häufig noch stark tabuisiert. Betroffene werden häufig stigmatisiert und erfahren auch oft Diskriminierung und soziale Ausgrenzung. Bei uns kannst du nachlesen, was dich dabei unterstützen kann, die eigene Psyche zu stärken und die mentale Gesundheit im Job zu fördern.
Mentale Gesundheit im Job bewahren und fördern
Inhalt im Überblick
1. Was ist mentale Gesundheit eigentlich
Ein Synonym für den Begriff mentale Gesundheit ist “psychische Gesundheit”.
Unter diesem Begriff wird laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Folgendes verstanden: “Psychische Gesundheit ist ein Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft leisten kann“.
Mentale Gesundheit kann eine große Bandbreite haben: von einer guten psychischen Gesundheit, vereinzelten Krisen hin zu schweren psychiatrischen Erkrankungen. Als psychische Erkrankungen gelten dabei Krankheitsbilder wie Depression, Angststörungen, Verhaltensstörungen, Psychosen (Schizophrenie) und manisch-depressive Erkrankungen.
Der Begriff mentale Gesundheit wird oft im Zusammenhang mit der Arbeits- und Funktionsfähigkeit und der Teilhabe am Arbeitsleben (Fähigkeit zu arbeiten) gesehen. Die mentale Gesundheit beschreibt neben Abwesenheit von Erkrankungen vor allem das Wohlbefinden einer Person. Die WHO unterscheidet dabei zwischen dem subjektiven und dem objektiven Wohlbefinden.
Das subjektive Wohlbefinden hängt vor allem von den persönlichen Lebenserfahrungen und der psychischen Belastung eines Menschen ab, das objektive Wohlbefinden hingegen von verschiedenen Faktoren: zum Beispiel die allgemeine individuelle Gesundheit, der Bildung, dem Arbeitsplatz, das soziale Umfeld, das Wohnumfeld, Sicherheit, Gestaltungsmöglichkeiten des Lebens und Freizeit.
2. Warum ist mentale Gesundheit am Arbeitsplatz so wichtig?
Wir verbringen einen Großteil unseres Lebens auf der Arbeit beziehungsweise mit Lohnarbeit. Psychische Erkrankungen nehmen in ihrem Ausmaß und der Bedeutung zu. In den letzten 40 Jahren wurden fünffach mehr Menschen wegen psychischer Erkrankungen arbeitsunfähig. Heutzutage belegen psychische Erkrankungen den zweiten Platz gleich nach Erkrankungen des Bewegungsapparates.
Laut des Gesundheitsreports der Betriebskrankenkassen (BKK) von 2018 lag die durchschnittliche Dauer von krankheitsbedingten Fehlzeiten durch psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz bei 38,9 Tagen und ist damit sogar dreimal so hoch wie bei anderen Erkrankungen, die im Durchschnitt eine Dauer von 13,2 Tagen hatten.
Für Unternehmen sind die hohen Krankenfälle ein großes Problem. Für krankgeschriebene Mitarbeiter:innen entstehen ihnen hohe Ausfallkosten. In Kosten umgerechnet liegen diese geschätzt zwischen 250 und 400 Euro pro Tag. Oft entstehen Lücken hinsichtlich bestimmter Aufgaben, weil die Kompetenzen der erkrankten Mitarbeiterin bzw. des erkrankten Mitarbeiters fehlen. Zum Beispiel bei Prozessen innerhalb des Unternehmens oder der Akquise von Neukund:innen.
3. Was sind die Ursachen für eine unzureichende mentale Gesundheit?
Hohe Anforderungen im Beruf - sei es durch viele verschiedene Aufgaben, Zeitdruck oder eine emotional anspruchsvolle Tätigkeit - können Stress und Druck und somit eine psychische Belastung erzeugen. Auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie und unzureichende Therapieangebote haben bei vielen Menschen für erhebliche Spannungen und Dysbalancen des mentalen Wohlbefindens geführt.
Trennungen, Verluste von nahestehenden Menschen, Konflikte am Arbeitsplatz oder Lebenskrisen können zu einer seelischen Schieflage führen und das mentale Wohlbefinden erheblich schmälern.
4. Welche Symptome können auftreten, wenn die mentale Gesundheit eingeschränkt ist?
Für Außenstehende ist die mentale Gesundheit anderer Menschen oft nicht gut wahrzunehmen beziehungsweise zu beurteilen. Unangenehme Gedanken und Gefühle sind nicht sichtbar. Aber woran kann man dann psychische Symptome erkennen?
Auf der Gefühlsebene können verschiedene Symptome auftreten:
✦ Innere Anspannung und Unruhe
✦ Unsicherheit, Ängste, Panik
✦ Traurigkeit, gedrückte Stimmung
✦ Gefühl von Hilflosigkeit
✦ Einsamkeit und Verlorenheit
Auch das Denken kann beeinträchtigt sein:
✦ Konzentrationsprobleme
✦ negative Gedanken, selbstabwertende Gedanken, Schwarzsehen
✦ Katastrophisierende Gedanken
✦ Grübeln, Gedankenschleifen
✦ Handlungsoptionen werden nicht erkannt
Das kann sich wiederum negativ auf das Verhalten auswirken:
✦ Sozialer Rückzug (von Freund:innen, Arbeitskolleg:innen und Familie)
✦ Vernachlässigung von Hobbys und Interessen
✦ Änderungen des Essverhaltens (zu wenig oder zu viel essen)
✦ Sprunghafte, impulsive Handlungen
✦ Selbstverletzendes Verhalten
Auch auf der körperlichen Ebene können sich verschiedene Symptome bemerkbar machen:
✦ Schlafstörungen (Einschlaf-, Durchschlafstörungen oder ein vermehrtes Schlafbedürfnis)
✦ Müdigkeit und Erschöpfung
✦ Magen-Darmbeschwerden (Schmerzen, Stuhlunregelmäßigkeiten)
✦ Kopfschmerzen
✦ Schwindel
✦ Herzrasen
✦ Atemnot
Negative Gedanken und Emotionen können zu ungesunden Verhaltensweisen führen und die Beziehungen zu anderen Menschen belasten. Wenn du den Eindruck hast, dass deine mentale Gesundheit gefährdet sein könnte, zögere bitte nicht ärztliche oder psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen!
5. Wichtige Schritte, um die mentale Gesundheit in der Arbeitswelt zu fördern
Arbeiten macht einen Großteil unseres Alltags aus, wenn wir nicht schon in Rente sind oder zum Beispiel von einem großen Erbe oder Lottogewinn leben dürfen. Idealerweise gehen wir einer Arbeit nach, die uns Spaß macht und unser Bedürfnis nach Entfaltung und sozialem Austausch erfüllt. Moderne Unternehmen sind bemüht, die mentale Gesundheit ihrer Angestellten im Blick zu behalten.
Arbeitgeber:innen sind sogar laut Gesetz (§ 618 BGB) dazu verpflichtet, sich um das Wohlergehen, Gesundheit und die Sicherheit ihrer Mitarbeiter:innen zu kümmern, sie haben eine “Fürsorgepflicht”.
Arbeitgeber:innen können eine Menge dafür tun, ein angenehmes Arbeitsumfeld und eine wertschätzende Atmosphäre zu schaffen. Auch die Einführung eines strukturierten betrieblichen Gesundheitsmanagements kann für größere Unternehmen hilfreich sein.
Das Betriebliche Gesundheitsmanagement dient dem Arbeitsschutz und der Gesundheitsförderung der Mitarbeiter:innen. Damit wird ein Arbeitsumfeld etabliert, dass die körperliche und auch mentale Gesundheit der Angestellten im Blick hat, bewahrt und fördert. Psychische Belastung am Arbeitsplatz soll damit reduziert werden. Zum betrieblichen Gesundheitsmanagement gehören neben dem betriebsärztlichen Dienst und ggf. arbeitspsychologischen Dienst und dem Arbeitsschutz folgende Bereiche:
Gestalten der Arbeitsbedingungen
Konkrete Maßnahmen, um das Wohlergehen der Arbeitnehmer:innen sicherzustellen, können die Arbeitsbedingungen sein:
✦ Ansprechend eingerichtete Arbeitsplätze (hell, im Idealfall Tageslicht, geeignete Beleuchtung, ggf. klimatisierte Räume, Pflanzen im Büro, Rückzugsräume)
✦ Ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze: höhenverstellbare Tische, verschiedene Sitzgelegenheiten (zum Beispiel alternative Bürostühle wie Sattelhocker, Sitzbälle, Aktivstuhl, Kniestuhl etc.
✦ Gesundes Essen und Trinken (falls Kantine vorhanden: Vollwertige Kost, frisches Obst und Gemüse als Snacks)
Flexible Arbeitszeiten und ortsunabhängiges Arbeiten
Hinsichtlich der Arbeitsorganisation können folgende Maßnahmen hilfreich sein:
✦ Flexible Arbeitszeiten (Gleitzeit)
✦ Flexible Home-Office-Zeiten oder hybride Arbeitsmodelle
✦ Die Möglichkeit in Teilzeit zu arbeiten
Flexible Arbeitszeiten, bei denen Start- und Endzeit innerhalb eines gewissen Spielraums liegen, können Mitarbeiter:innen zum Beispiel dabei unterstützen, Familie und Beruf besser unter einen Hut zu bringen, oder den Alltag individueller zu gestalten. Auch Jobsharing und Teilzeitarbeit gehören dazu.
Regelmäßig oder ab und zu von zu Hause aus arbeiten? Spätestens seit der Corona-Pandemie ist das in vielen Jobs möglich geworden. Viele Tätigkeiten lassen sich “remote”, also ortsunabhängig durchführen und können mehr Flexibilität für Arbeitnehmer:innen schaffen.
Zum betrieblichen Gesundheitsmanagement gehören auch regelmäßige Gespräche mit Mitarbeiter:innen, in denen gegenseitiges Feedback zu den Themen Arbeitszufriedenheit, möglichen Konflikten, dem Workload und Fortbildungswünschen ausgetauscht werden kann. Diese sollen das Wohlbefinden und die Zufriedenheit erhöhen. Auch Stressmanagement-Schulungen (nicht nur Führungskräfte) sind ein wichtiges Thema und können dazu beitragen, die Gesundheit zu erhalten und zu fördern.
Förderung der körperlichen Fitness
Manche Unternehmen bieten ihren Angestellten Bezuschussungen für Sportangebote wie die Mitgliedschaft im Fitnessstudio (Zuschuss für gesundheitsfördernde Maßnahmen). Einige Firmen stellen auch Fitnesstrainer:innen ein, um während der Arbeitszeiten Ausgleichsgymnastik anbieten zu können. Auch der Yoga-Kurs kann theoretisch bezuschusst werden. Bewegung reduziert Stress und kann auch dabei unterstützen, die Folgen psychischer Belastungen zu reduzieren.
Schulung von Führungskräften
Ein wertschätzender Umgang der Mitarbeiter:innen untereinander und mit Führungskräften sind ein wichtiger Baustein für die Gesundheit aller. Stress am Arbeitsplatz kann krank machen, körperlich und psychisch.
Führungskräfte können bei dem Thema eine besondere Rolle übernehmen: Wenn sie darin geschult werden, die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter:innen einzuschätzen und Anzeichen von Stress und Überforderung erkennen können, sind sie besser in der Lage, darauf angemessen einzugehen und zu reagieren.
Eine gesunde Unternehmens-Kultur etablieren
Chefs können Mitarbeiter:innen für das Thema mentale Gesundheit sensibilisieren und eine
offene Kommunikationskultur zum Thema psychische Gesundheit fördern. Mentale Gesundheit betrifft uns alle, darüber zu sprechen, hilft dabei, psychische Erkrankungen zu enttabuisieren. Wird das Bewusstsein in der Arbeitswelt geschärft, können Vorurteile abgebaut werden. Mentale Gesundheit ist genauso wichtig wie körperliche Gesundheit.
Eine gute Feedback-Kultur trägt ebenfalls dazu bei. Sie sollte vertrauensvoll gestaltet sein und Offenheit kultivieren. Flache Hierarchien können dazu beitrage, Lob und Kritik in beide Richtungen freier mitzuteilen.
Ebenfalls sinnvoll wäre die Möglichkeit, anonym Feedback zur eigenen mentalen Gesundheit geben zu können. Mithilfe entsprechender Programme kann so der Status der Mitarbeiter:innen erfasst und gegebenenfalls im Unternehmen mit entsprechenden Maßnahmen gegengesteuert werden. All das sind Maßnahmen, die Unternehmen ergreifen können, um die mentale Gesundheit der Mitarbeiter:innen zu fördern.
6. Stärke deine eigene mentale Gesundheit
In diesem Artikel geht es vor allem um die mentale Gesundheit in der Arbeitswelt. Aber du kannst selber eine Menge tun, um dein Wohlbefinden und deine Gesundheit auch außerhalb des Arbeitsplatzes zu fördern:
✦ Schlafe ausreichend, ernähre dich vollwertig und bewege dich regelmäßig
✦ Vermeide regelmäßigen Alkoholkonsum oder andere Genussmittel (Drogen)
✦ Versuche, Arbeit und Freizeit so gut es geht zu trennen
✦ Erlerne Stressbewältigungstechniken wie Yoga, MBSR, Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung oder Meditation
✦ Plane genug Pausen und Erholung in deinen Alltag ein, feste Routinen und geplante Tagesabläufe können Sicherheit und Stabilität geben
✦ Übe Hobbys aus, die dir Spaß machen, lerne etwas Neues und probiere auch mal ungewöhnliche Ideen aus
✦ Pflege deine sozialen Kontakte und Freundschaften
✦ Achte auf deine persönlichen Grenzen und sage auch mal “Nein”
✦ Setze dir realistische Ziele im Leben und lasse auch mal fünf gerade sein
✦ Sprich in Gedanken liebevoll mit dir, denn oft haben wir viele innere kritische Stimmen in uns, die abwertend sprechen
✦ Feiere (kleine) Erfolge in deinem Alltag
✦ Integriere kleine Achtsamkeitsrituale in deinen Tag (z.B. abends drei Dinge aufzählen, für die du heute dankbar bist)
✦ Begrenze die Zeit, die du mit digitalen Medien verbringst
✦ Nimm professionelle Hilfe in Anspruch, wenn du das Gefühl hast, dass deine mentale Gesundheit leidet
Das alles sind Ideen, die dir dabei helfen können, deine mentale Gesundheit zu stärken und psychische Belastungen zu reduzieren. Schau, was für dich am besten passt und versuche in deinem Alltag möglichst achtsam und liebevoll mit dir selbst umzugehen.
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